„Apitherapie hautnah erleben.“

Die 8. Österreichische Apitherapie-Tagung, 29. Jänner 2017

IM Anton Reitinger, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Apitherapie, gab schon bei den Workshops vor dem Haupttag die Devise aus: „Apitherapie hautnah erleben.“ Eine Devise, die für die gesamte Tagung gelten konnte. Am Sonntag, 29. Jänner 2017, fand die 8. Österreichische Apitherapie-Tagung mit fünf Vorträgen und anschließenden Diskussionen in Klosterneuburg bei Wien statt, zum dritten Mal in der Babenbergerstadt. Das Programm bot wiederum einen Streifzug durch die verschiedenen Felder der gesundheitsfördernden Produkte unserer Bienen.

Die Workshops. Am Vortrag der Tagung, am 28. Jänner, waren zwei Workshops angesetzt. „Herstellung der Propolis Creme Natur Pur und Lippenbalsam sowie Durchführung der Notifizierung im Sinne der gültigen Kosmetik Verordnung“, so lautete der Titel des ersten Arbeitskreises. Toni Reitinger zeigte - tatsächlich „hautnah“ – wie er in seiner Imkerpraxis einen Lippenbalsam herstellt. Wichtig ist vor allem das Reinheitskriterium, also ausschließlich Olivenöl aus der Apotheke, hochwertiges Propolis und rückstandsfreies Wachs. Dr. Karin Gromann vom Gesundheitsministerium erläuterte die Rechtsvorschriften, die in der Kosmetikverordnung EG Nr, 1223/2009 enthalten sind. Die verantwortliche Person (Firmen, Hersteller, Händler, Importeur) muss vor dem Inverkehrbringen eines kosmetischen Mittels bestimmte Produktdaten über das Notifizierungssystem (Cosmetic Products Notification Portal/CPNP) an die Kommission übermitteln. Gromann erläuterte jeden einzelnen der zahlreichen Schritte, der über das Internet durchzuführen ist, um am Schluss noch zu versichern: „Sie können mich auch stets im Ministerium anrufen.“

Den zweiten Workshop hielt Jürgen Schmiedgen über „Kriterien und Grundvoraussetzungen für die Bienenstockluft-Anwendung“. Zu diesem Thema sollte noch ein Vortrag beim Haupttag der Apitherapietagung folgen, doch konnte man beim Workshop intensiver diskutieren und eingehender Informationen einholen. In beiden Arbeitskreisen waren jeweils ca. 120 Teilnehmer zugegen.

Am Sonntag übersiedelte die ÖGA-Tagung vom Raiffeisenhaus in die größere Babenbergerhalle, beide Vortragsplätze sind zentral am Rathausplatz. Zu den Sonntagsvorträgen schrieben sich ca. 180 Teilnehmer ein.

Dr. med. Tomas Cremer. Der Professor für Anthropologie und Humangenetik an der Ludwig Maximilians-Universität München eröffnete die Tagung mit dem Thema „Der Zellkern, die Informationszentrale der Zelle“. Die Entstehung der Erde beruht auf Zellteilungen, diese brachten im Verlauf der Evolution den gesamten Stammbaum des Lebens hervor. Die ersten Insekten, so meinte der Vortragende einleitend, tauchten vor vier Milliarden Jahren auf, die ersten Bienen vor 120 Millionen Jahren, der Homo Sapiens vor ca. 200.000 Jahren. Ein Zellkern kann nicht autonom agieren, er ist ständig mit seiner Umgebung in Verbindung. Das Gehirn einer Biene hat weniger als zwei Milligramm Gewicht und enthält 960.000 Neuronen (das Gehirn des Menschen 86 Milliarden Neuronen). Im Vergleich zu Größe und Gewicht „kann eine Biene unglaublich viel tun“, sagte Cremer, der den Superorganismus Bien als Beispiel nimmt. „Im Bienenschwarm gibt es keinen Entscheidungsträger, es ist das System.“ Kundschafterbienen sind genetisch programmiert zu erfassen, ob ein Nistplatz passt oder nicht. Das drücken sie dann mit der Art und der Intensität ihres Schwänzeltanzes auf der Schwarmtraube aus. Übertragen auf den Menschen könnte man das, so Cremer, folgendermaßen sehen: Eine Nervenzelle im menschlichen Gehirn entspricht einer Biene, das gesamte Gehirn einem Bienenschwarm.

Dr. Mathias Oldhaver. Als Medizinjournalist und Buchautor sprach der deutsche Referent über „Heilwirkungen von Gelée Royal – mehr als ein Mythos“. Schon die ägyptischen Pharaonen kannten Gelée Royal, in der griechischen Götterwelt galt dieses Bienenprodukt als „Ambrosia, die Götterspeise“. Dass im Bienenvolk ausschließlich die Königin ihr Leben lang diesen Stoff erhält und dadurch eben zu einer besonderen genetischen Entwicklung kommt, zeigt schon das Besondere und Außerordentliche dieses Futtersaftes. Oldhaver zählte die Inhaltsstoffe von Gelée Royal auf, um dann auf die gesamte Palette der Anwendungsbereiche einzugehen. Die antientzündlichen und antibakteriellen Wirkungen des Gelée Royal festigen das Immunsystem, beruhigen das Nervensystem, helfen bei Allergien bis hin zur Psyche und der Gedächtnisleistung. Oldhaver zitierte eine Anwendungsstudie von Gelée Royal bei den österreichischen Skispringern über einen Zeitraum von sechs Monaten, derzufolge sich 60 Prozent der Probanden viel, 30 Prozent etwas besser fühlten. Vor allem beim Immunsystem, dem Schlafverhalten, Allgemeinbefinden, der Stresstoleranz und der Konzentrationsfähigkeit stellten sich Verbesserungen ein.

Dr. rer.nat. Thomas Gloger. In eine für viele neue Materie führte der Chemiker, Imker und Sachverständige aus Nordrhein-Westfalen mit seinem Beitrag „Apilarnil, das verborgene Kraftpaket aus dem Bienenstock“ in ein nicht näher bekanntes Thema ein. Apilarnil ist das männliche Pedant zum Gelée Royal der Arbeiterin. Die Gewinnung, so Gloger, erfolge aus der Drohnenbrut am 7. Tag, also unmittelbar vor der Verdeckelung. Ausgepresst werden die Larven, Futtersaft und weitere Komponenten. Der frische Presssaft kann eingefroren und später in Cocktails oder in Honig eingerührt werden. Der Referent ging auf die Zusammensetzung des Apilarnil (der Zucker Isomaltose kommt beispielsweise im Gelée Royal nicht vor), sowie auf die Therapiemöglichkeiten für Männer, Frauen und auf die Stimulation des Immunsystems ein. Eine Apilarnil-Kur sollte mindestens einen Monat dauern, auch acht Wochen seien nicht ungewöhnlich. Apilarnil sollte nicht als Heilmittel bezeichnet werden, es ist vielmehr ein Ernährungsmittel oder Nahrungsergänzungsmittel.

Dr. med. Andreas Dabsch. „Hormone beim Menschen und beim Bien – hormonelle Aspekte der Apitherapie“ lautete der Vortrag des Ganzheitsmediziners aus Klosterneuburg, der auch über eine Ausbildung in alternativen Heilmethoden verfügt. Hormone seien die entscheidenden Lebenskräfte, die Aktivatoren der Zellen, meinte Dapsch und zog Parallelen von der „Schwesternmilch“ der Arbeiterinbiene zur Muttermilch der Frau, von den Hormondrüsen der Bienen zu den Hormondrüsen der Menschen. Pheromone seien ein „Sozialhormon, ein hormonähnliches Kommunikationsmolekül“, die ja als Königinnenbotenstoff das Bienenvolk regulieren. Sein Resümee: „Vieles können wir auch hier von den Bienen lernen.“ Denn die Bienen seien sensible Indikatoren für ökologische Veränderungen, die auch den Menschen – vielleicht erst in einem gewissen Zeitabstand – betreffen. Und zuletzt wies Dapsch auf die Gefahr durch die Neonicotinoide hin, die im Einsatz als Pestizid eine beträchtliche negative Wirkung auf Hormone ausüben.

Jürgen Schmiedgen. Der Imker und Leiter eines Ingenieur- und Architektenbüros in Sachsen hat mit seinem im Vortrag vorgestellten Beecura-System die Grundlagen für eine medizinische Nutzung der Bienenstockluft entwickelt. Sein Absaugegerät holt die Bienenluft gleichmäßig aus allen Wabengassen, und der Benützer kann selbst den Luftstrom regulieren. In vielen Bereichen weist die Bienenstockluft ähnliche Eigenschaften wie Propolis auf. Deswegen empfiehlt sich laut Schmiedgen die Inhalationstherapie bei Behandlungen von lokalen Entzündungen, bei der heilenden Wirkung auf das respiratorische System, der Einsatz führt zum allgemeinen Wohlbefinden und wird von ihm auch zur Unterstützung von Wundheilungen mit Propolis angewendet. Es kommt aber auch auf die Bienenvölker an, da „die Völker unterschiedlich schmecken können“. Auf jeden Fall müsse sich ein Anbieter der Bienenstockluft mit einem Arzt verständigen, wie das in Deutschland auch üblich sei.

ÖGA-Generalversammlung. Im Anschluss an die Vorträge der Apitherapietagung folgte für die ÖGA-Mitglieder die Generalversammlung. In den bestehenden Vorstand mit Obmann IM Anton Reitinger, Obmann-Stellvertreter DI Dr. Lukas Schaupp und Schriftführer Dr. Roland Berger an der Spitze wurde Rudolf Burgstaller (aus Eitzing bei Ried im Innkreis) als Kassier neu bestellt. Wie Reitinger mitteilt, wird die Api-Gesellschaft künftig durch eine eigene Plattform „Ärztegesellschaft für Apitherapie“ im Dachverband österreichischer Ärztinnen und Ärzte für Ganzheitsmedizin vertreten sein. Das „Dreier-Radl“ der jährlichen Tagungen – nämlich abwechselnd Klosterneuburg, Graz und Zell an der Pram – wird beibehalten, die nächste Jahrestagung wird somit am letzten Jännerwochenende 2018 im Steiermarkhof in Graz stattfinden. Geändert wird der Termin der nächsten Generalversammlung, sie soll 2018 schon im Anschluss an die Samstagseminare in Graz stattfinden.

Homepage. Bei der Generalversammlung stellte Obmann Reitinger auch die wiederum erweiterte Homepage der ÖGA vor. Unter anderem gibt es auch Informationen über die Apiterra-Qualitätsordnung und das entsprechende Gütesiegel sowie die Zertifizierung. Man könne einen ganzen Tag die interne Homepage durchforsten und stets Neues und Wissenswertes entdecken, sagte Reitinger. Apropos Mitglieder: Derzeit zählt die Api-Gesellschaft 365 Mitglieder – die Zahl von 400 Mitgliedern wird nunmehr angepeilt. Das Beitrittsformular findet sich natürlich auf der (allgemeinen) Homepage.

Erich Witzmann